Rechtlich umstritten: Street View-Dienste in Deutschland

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Digitale Fotografie ist heutzutage nicht mehr wegzudenken. Günstige Digicams haben ihre analogen Pendants bereits seit einigen Jahren abgelöst, bei stetig steigender Bildqualität. Es gibt bestimmt den ein oder anderen, der glaubt, der Trend ginge zurück zum Negativfilm (ähnlich der skurrilen Diskussion über Vinyl), die breite Masse ist aber sicherlich mit Digicams mehr als glücklich. Die Vervielfältigungsmöglichkeiten digitaler Fotos in Zeiten des Internets werfen jedoch, zumindest aus Datenschutzsicht, viele neue Problemstellungen auf. Das war bereits vor den jüngsten Entwicklungen in Bezug auf Gesichtserkennung z.B. bei Facebook vor einigen Jahren bei den damals neuen Diensten wie Google Street View ein heiß diskutiertes Thema. Derzeitig im Fokus ist wieder einmal ein Dienst namens Bing StreetSide von Microsoft, welcher den Forderungen der Datenschützer entsprechen möchte (golem-Link).

Datenschutzmechanismen

Street View-Dienste wurden bereits in den Anfangstagen in Deutschland von Datenschützern mehr als nur kritisch beäugt. Zahlreiche Maßnahmen wurden beschlossen, technische Vorkehrungen zur Wahrung des Datenschutzes langwierig umgesetzt. Google hat sich dabei leider zunächst selbst ins Bein geschossen, indem nebenbei noch versehentlich ungesicherte WLans durch die Street View-Autos “abgehört” wurden. Die breite Welle der Entrüstung war vorprogrammiert, Google lief zwischenzeitlich Gefahr, als Synonym für “Datenkrake” zu verkommen.

Datenschützer übernehmen im Fall von Fotodiensten, die öffentliche Orte ins Netz stellen, tatsächlich eine sehr wichtige Aufgabe. Gesichter müssen unkenntlich gemacht, Nummernschilder retuschiert werden. Anwohner konnten bereits vor dem Deutschlandstart zusätzlich ihre Reihenhaushälfte verpixeln lassen, die Datenschützer waren zufrieden. Über den Sinn und Unsinn eines solchen Features lässt sich ausgiebig streiten, in der Mitte ist ein Hausabschnitt verpixelt, rechts und links wird jedoch weiterhin die freie Sicht auf die Hausfassade gewährt.

Aus der Vogelperspektive

Ein wesentlicher Punkt, weshalb Datenschützer den Street View-Dienst ankreiden, ist die Tatsache, dass die Fotoautos aus einer Höhe von ca. vier Metern ihre 360 Grad Aufnahmen der Umgebung schießen. Dadurch werden oftmals Einblicke über Hecken hinweg in Privatgrundstücke gewährt, die einem normalen Passanten verwehrt bleiben. Diese Einblick könnte es z.B. auch Dieben erleichtern, ihr Beute bequem per Mausklick auszuwählen. An den Haaren herbeigezogen aber dennoch theoretisch nachvollziehbar, oder? Was gäbe es aber dann erst für einen Aufschrei, würde die Möglichkeit bestehen, ganze Straßenzüge hochauflösend aus der Vogelperspektive und dazu noch aus allen vier Himmelsrichtungen detailliert zu erkunden? Ein sicherheitstechnischer Supergau, richtig?

Kritische Dienste, die niemanden interessieren

Das wirklich Komische daran? Genau solche Einblicke aus der Vogelperspektive existieren bereits seit geraumer Zeit, z.B. bei Bing Maps. Wie auf den Beispielbildern rechts zu sehen ist, lässt sich die Würzburger Residenz doch sehr hochauflösend aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Meterhohe Hecken und Bäume können optisch ohne Probleme überwunden werden, selbst Einblicke in die Innenhöfe des Gebäudes sind möglich. Kriminelle könnten sich das Material ausdrucken und mit dem Lineal fleissig Entfernungen metergenau ermitteln.

Sind die im Vergleich zu den gestochen scharfen Luftaufnahmen oftmals verwackelten und unscharfen Street View-Bildchen wirklich der Rede wert? Ist das Feilschen der Datenschützer bei Diensten, wie Street View, gerechtfertig, wenn andere kritische Dienste gar nicht erst Beachtung finden? Warum interessiert sich dafür denn niemand?

Oft stelle ich mir die Frage, weshalb im Hightech-Land Deutschland technische Neuerungen (vgl. Misstrauen ggü. iTunes Match oder Abschaltung von kino.to) erstmal generell gesperrt und angeprangert werden, bevor irgendwann doch die bis dahin in vielen Ländern lange etablierten Standards (z.B. Netflix oder hulu) übernommen werden. Mit technischem Innovationsgeist bzw. Hightech hat das nichts zu tun.

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